Von Dagmar Wagner on Montag, 19. August 2019
Kategorie: Aktuelles

Ich war für Sie im Kino: Und wer nimmt den Hund?

Seien Sie sich bewusst: Das Kino überlebt nur mit uns „Älterwerdenden" - also dem Publikum ab 50 Jahren, das einen hohen Anteil am Kinopublikum ausmacht.

Und diese Zielgruppe muss natürlich auch bedient werden - mit einer netten Sommerkomödie zum Beispiel!

Ich liebe Komödien und Satire. Die leichte Sommerkomödie meines ehemaligen Filmhochschulmitstudenten Rainer Kaufmann kam mir also gerade recht, vor allem da es sich um Paare im „fortgeschrittenen Alter" handelt. Also nix wie hin, auch, um für Sie immer fleissig die aktuell vermittelten ALTERSBILDER in unserer Gesellschaft zu studieren.

Die Story: Nach 25 Jahren Ehe betrügt der Ehemann Ulrich Tukur seine Ehefrau Martina Gedeck mit einer dreissig Jahre jüngeren Frau. Die Ehetherapie soll die Trennung erleichtern. Mit viel Wortwitz gespickt, sind die Therapiestunden durchaus vergnüglich für die Zuschauer. Tolle Schauspieler, filmisch alles wunderbar umgesetzt - da gibt es nichts zu meckern bei so einem Vollprofi wie Rainer Kaufmann.

Die junge Geliebte verlässt den älteren Lover - Toren auf für eine Versöhnung? Weit gefehlt. Die Ehefrau will sich endlich nach 25 Jahren als Hausfrau und Mutter selbst verwirklichen, als Kunstkennerin gibt sie nun ein neues Kunstmagazin heraus. (Früher war´s der Ikebanakurs...) Mit Internet ist das auch heute kein großes Problem mehr, da braucht´s nur eine Webseite mit  wenig Startkapital und eine Martina Gedeck, die wie eine Wildgewordene durch ein Museum rennt, ein Kunstwerk stiehlt und sich dabei filmen lässt: Der neue YouTube Star ist geboren.

„Ich mache mich selbständig, ich gründe ein Unternehmen!"

So läuft die betrogene Ehefrau durch den Film.

Die Ehefrau hat sich also selbst verwirklicht - ach ja - wenn´s nur so einfach wäre. Die Realität für Frauen um die 50, die sich nach 25 Jahren Hausfrau- und Mutterdasein wieder einen Beruf suchen, sieht ganz ganz anders aus.

Ob  Drehbuchautor Martin Rauhaus sich nicht hätte etwas differenzierter austoben können?

Komik schließt Ernsthaftigkeit nicht aus. Es gibt Komödien, die ohne jeglichen Anspruch einfach herrlich sind, zum Lachen und Entspannen. Aber hier wird ein wenig Anspruch vermittelt, was sich am Ende in einer wilden Verfolgungsjadg wieder auflösen soll.

Fakt ist: Tatsächlich trennen sich immer mehr Frauen ab 50 von ihren Ehemännern, dieser Trend ist belegt. Ob es nun ökonomisch unabhängige Frauen mit guter Rente und jahrzehntelanger Berufstätigkeit sind - darüber gibt es keine Auskunft. Die hier skizzierte Ehefrau, die schon als junge Frau „so herrlich verrückt" war (waren wir das nicht alle irgendwann einmal...???), entdeckt nun als fast 50jährige ihre Wildheit wieder und ist sofort erfolgreich damit. 

Oje.

Zusammengefasst:

Substantielles zum Thema Krisenbewältigung bei langjährigen Partnerschaften oder zum Thema Älterwerden?

Leider nichts!

Außer vielleicht, dass die männliches Singles in diesem Alter mit Vorsicht zu genießen sind - da ist die Ehefrau auch gleich mal an den falschen Lover geraten.

Viele Szenen sind lustig, komisch, und zwar unabhängig vom Thema. Ich habe mich nicht geärgert, ins Kino gegangen zu sein. Eigentlich war´s dann aber nur gelungene Fernsehkost!

Wie sagt man so schön in Bayern: Ja mei halt...

Nachsatz: In der nur gering besuchten Vorstellung um 18:40 Uhr saß genau ein Mann, der aber lachte am lautesten und am meisten - mich hat das zusätzlich sehr amüsiert. Oder lachte er nur die wildgewordene Ehefrau „Ich gründe ein Unternehmen?" aus...


Der nächste Film, den ich mir für Sie anschauen werde:

So wie du mich willst!

mit Juliette Binoche als 50jährige Literaturdozentin, die sich in einem Chat sehr viel jünger macht und sich so in eine virtuelle Beziehung mit einem sehr viel jüngeren Mann einläßt.

Das klingt mir irgendwie nach mehr Substanz! 

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